Warum sollte ich mit Personal Training beginnen? Die Gründe dafür sind so vielfältig wie Geräte im Fitnessstudio. Vielleicht möchtest du abnehmen, einen definierten Körper bekommen, dich gesünder ernähren oder brauchst jemanden, der dich motiviert, dranzubleiben. Bei mir war der Grund ein reißender Fluss. Warum? Das verrate ich dir in Teil I meiner Erfahrung mit dem Personal Training.
„Du weißt nicht, wie stark du bist, bis stark sein die einzige Wahl ist, die du hast“, lautet eine in den sozialen Medien weitverbreitete und Bob Marley zugeschriebene Spruchweisheit. Doch so ermutigend diese Worte auch klingen und auf manche Situation zutreffen mögen, so halfen sie mir herzlich wenig, als mich ein wütender Fluss mit sich riss.
Es war im Sommer 2018 und ich war beruflich (als Reisejournalistin mit Schwerpunkt Outdoor- und Abenteuererlebnisse) in Montenegro unterwegs. Am Morgen stand White Water Rafting auf dem Programm. Ich war begeistert. Auch noch, als uns der gutaussehende Guide am Ende herausforderte: „Springt ins Wasser und lasst euch um die Ecke treiben, da könnt ihr rechts rausschwimmen!“ Sekunden später spülte ich im reißenden Strom, spürte die Naturgewalt und bewunderte den dschungelartigen Wald. Ein Wahnsinnsgefühl! Aber wo war noch mal die Stelle, wo wir rausschwimmen sollten? Als ich die Rufe meiner Kollegen hörte, war es längst zu spät: Der Strom riss mich fort. Und jetzt? Ich klatschte gegen einen glitschigen Felsen, klammerte mich mit aller Kraft daran fest. Aber viel Kraft war da nicht. Ich beschwor meine schwachen Arme, so lange durchzuhalten, bis Hilfe käme. Und hatte wie so oft Glück: Der attraktive Guide rettete mich.
Als der Schock fürs Erste verdaut war und ein paar Balkan-Schnäpse später fasste ich einen Entschluss: Statt an Bauch-Beine-Po würde ich künftig an meiner Kraft arbeiten. Ich stellte mir vor, wie ich mich eines Tages selbst aus einem reißenden Fluss befreien würde. Träumte davon, wie ich mich bei meinen vielen Solo-Wanderungen aus Felsspalten oder Ähnlichem hochziehen könnte, sollte ich hineinfallen. Und wie ich meinen 23 Kilo schweren Koffer im Zug ohne männliche Hilfe auf die Ablage über den Sitzen verfrachten könnte. Ach, wäre das schön!
DIY oder Personal Training?
Daran, mir einen Personal Trainer zu nehmen, dachte ich zu Beginn überhaupt nicht. Wozu? Ich war schon immer ein Fan von DIY (do it yourself) und hatte bisher auch mithilfe von Videos Sport gemacht. Stolz kramte ich die 1- bis 4 kg-Hanteln hervor, die ich mir dafür angeschafft hatte, und googelte „Krafttraining“. Unzählige Youtube-Videos und Trainingsanleitungen für Anfänger später glaubte ich, die Lösung für meinen schwachen Oberkörper gefunden zu haben: Klimmzüge! Es war logisch, warum sie als eine der Königsdisziplinen des Krafttrainings galten, schienen sie doch viele Muskeln in Rücken, Schultern und Armen herauszufordern. Genau das, was ich für mein Ziel in Sachen Flüsse und schwere Koffer brauchte! Ich erklärte Klimmzüge zu meinem neuen Lebensziel, bestellte im Internet ein leicht auf- und abbaubares Klimmzuggestell für zu Hause und nahm mithilfe der Online-Anleitungen mein Personal Training selbst in die Hand.
Dass ich zunächst an der Klimmzugstange hing wie ein Sack nasser Wäsche, verwunderte mich nicht, immerhin hatte mir der Fluss in Montenegro meine Schwäche vor Augen geführt. Da Geduld auf meiner Stärken-Liste weit unten angesiedelt ist, gab ich mir genau zwei Wochen – bis dahin würde ich mindestens die ersten drei Klimmzüge schaffen. Und was passierte? Zwei Wochen später hing ich mit nun schmerzenden Armen an der Stange und mein Körper wollte sich noch immer keinen Millimeter hochbewegen. Mein Frust wuchs. Ich suchte nach immer neuen Youtube-Videos für den ultimativen Klimmzug-Durchbruch, versuchte es mit Negativen, baute Oma-Liegestützen und Dips in meinen Personal Training-Plan ein und legte mir meine erste Langhantel von 25 Kilo zu. Jetzt könnte wirklich nichts mehr schiefgehen!
Drei Monate später saß ich dank meiner eigenständigen Personal Trainings-Erfahrung erstmals beim Orthopäden mit steifem Nacken und schrecklichen Schmerzen in der linken Schulter. Genug! Ich würde alles hinschmeißen, zu Bauch-Beine-Po zurückkehren … Aber was, wenn ich auf einer Reise mal wieder mit einem Fluss kämpfen würde? Und wollte ich eine von unzähligen Frauen bleiben, die ihren Koffer im Zug nur mithilfe eines Mannes bewältigen können? Ich ging nach Hause und suchte im Internet nach einem Personal Trainer.
Der Personal Trainer – in mich selbst investiertes Geld
Die ersten Suchergebnisse brachten Ernüchterung – ich begriff, warum sich Personal Training vor allem Gut- und Besserverdiener leisten. Mein Traumjob zahlte zwar Reichtümer in mein Erlebniskonto ein, aber weniger aufs Bankkonto. Andererseits wollte ich unbedingt stärker werden, und zwar, ohne ständig etwas zu verrenken oder mit noch schlimmeren Konsequenzen. Also überlegte ich, wo ich an anderer Stelle Geld einsparen könnte, um dieses in meinen Körper und meine Gesundheit zu investieren. Wie so oft klappte es letzten Endes mit dem Willen und dem Weg und so kam es, dass ich Ende 2018 zum ersten Mal meinem Personal Trainer Gerrit gegenübersaß. Während er meine Trainingsziele notierte, konnte er sich manches Stirnrunzeln nicht verkneifen, wenn ich von Flüssen und Koffern redete. Dennoch versicherte er mir, dass ich jedes meiner Ziele erreichen könnte, während ich noch an ihm zweifelte: „Ist der nicht viel zu jung und damit unerfahren?“, fragte ich mich. „Ist das nicht nur ein angeberischer Muskelprotz, kann der mir wirklich helfen, stärker zu werden?“
Ich entscheid mich, ihm eine Chance zu geben – immerhin könnte ich jederzeit aufhören und mir einen anderen Personal Trainer suchen. Gleichzeitig war ich unheimlich gespannt: Würde es Gerrit gelingen, mir Klimmzüge beizubringen? Und wenn ja, wann würde ich meinen ersten Klimmzug schaffen? Wäre ich eines Tages sogar in der Lage, eine echte Liegestütze auszuführen, nicht nur eine auf den Knien? Und was würde sich an meiner Ernährung ändern müssen, die Gerrit sofort ansprach? Ich sah meine geliebten Frühstücksbrötchen mit Sahnequark und Marmelade, gezuckerte Jogurts, Schokolade und Kuchen in Gefahr. Trotzdem beschloss ich, mich auch auf diese Reise einzulassen, die für mich zwei großen Fragen folgte: Wie stark kann ich wirklich werden? Und was wird das Personal Training insgesamt mit meinem Körper und auch meinem Kopf machen? Erste Antworten darauf gibt es in Teil II meines Erfahrungsberichts mit dem Personal Training.